Hermine Nierlich-Jursa
„… ich bin wie das wilde Gras aufgewachsen.“
Hermine Nierlich wurde 1912 in Wien geboren. Sie verwaiste früh und wuchs bei Pflegeeltern im Waldviertel auf. Ihr Wunsch, nach der Pflichtschule eine Lehre zu beginnen, wurde von der Vormundschaft mit der Begründung abgelehnt, ein Mädchen hätte nichts zu lernen. So arbeitete sie ein Jahr in einer Strumpffabrik. 1929 zog sie zu ihrer Schwester nach Wien und arbeitete als Dienstmädchen und Wäscherin. Sie wurde immer wieder entlassen, einmal weil sie Anspruch auf Urlaub hatte, den die Dienstgeberin nicht bezahlen wollte, ein anderes Mal wegen eines Arbeitsunfalls, worauf sie um ihre Abfertigung kämpfte. 1934 heiratete sie Ottokar Huber und verbrachte bis zu ihrer Verhaftung eine glückliche Ehe mit ihm. Über Nachbarn kam sie zu einer kommunistischen Widerstandsgruppe und war ab 1936 illegal aktiv. 1939 wurde sie mit weiteren 200 KommunistInnen und SozialistInnen von der Gestapo verhaftet und verbrachte über zwei Jahre in Gefängnissen, bis sie 1942 ins Konzentrationslager Ravensbrück deportiert wurde.
„… ich bin wie das wilde Gras aufgewachsen, ja. Ich, mir ist es nicht schlecht gegangen, aber es hat sich auch niemand gekümmert um mich, dass ich, sagen wir, mich weiterbilden kann oder so was. Das war nicht drin. “
„Also, wie der Hitler einmarschiert ist in die Sowjetunion, da haben wir [im Gefängnis] eine große Demonstration gemacht. Das war ein Sonntag, da hat die Eibenstein Hansi ein Gedicht aufg’sagt: „Soldaten, wenn ihr einstens gegen Osten marschiert, mit Sang und Klang, Soldaten, wer weiß, ob ihr da nicht den Mut verliert …“, also, dieses Gedicht hat sie hinausgeschleudert am Fenster. Und die Internationale haben wir gesungen, ja. (…) Da haben wir 14 Tage Korrektion kriegt bei drei Tag Essensentzug und Strohsack, nur am Boden haben wir liegen können. Korrektion haben wir überhaupt ein paarmal kriegt. “
Im illegalen antifaschistischen Widerstand
Als Hermine Nierlich-Huber 1936 zu einer kommunistisch-sozialistischen Widerstandsgruppe stieß, befanden sich die linken Parteien bereits seit zwei Jahren – seit 1934 die austrofaschistische Diktatur errichtet wurde – in der Illegalität. Die Gruppe von Hermine Nierlich-Huber druckte und verteilte illegal Flugblätter und bemalte Wände mit Parolen gegen das Regime und die immer stärker werdenden NationalsozialistInnen. Mit der Machtübernahme der Nazis wurde der Widerstand extrem gefährlich. Zum Schutz verwendeten alle Mitglieder sogenannte I-Namen (illegale Namen), Hermine Nierlich-Huber etwa hieß „Roserl“. Sie brachte schriftliches Material zu einem Genossen, der es dann in Betrieben an die ArbeiterInnen weitergab, und verteilte Flugzettel in Häusern, in denen sie Milch zustellte. Zur Verhaftung ihrer Gruppe und vieler anderer führte der Verrat durch einen Spitzel.