Hermine Nierlich-Jursa
„Der Kampf ist weitergegangen.“

Hermine Nierlich kam am 21. Juni 1945 von der KZ-Haft und vom langen Heimweg gezeichnet nach Wien. Dennoch engagierte sie sich sofort in der neu zu organisierenden KPÖ. Gemeinsam mit anderen GenossInnen räumte sie den Paulusplatz vom Schutt und glaste für viele Menschen in Erdberg Fenster ein. 1945 lernte sie ihren zweiten Ehemann Wilhelm Jursa kennen, der als politischer Häftling das Konzentrationslager Dachau überlebt hatte. Hermine Jursa war für die KPÖ in der Bezirksgruppe Erdberg als Bildungs- und Frauenreferentin tätig, später in der Friedensbewegung, und bis heute ist sie in der Österreichischen Lagergemeinschaft Ravensbrück aktiv. Ihrer Arbeit als Telefonistin ging sie bis 1963 nach. Noch immer pflegt sie Kontakte zu Menschen in verschiedensten Ländern, die sie während der Verfolgung kennengelernt hat und versucht vor allem die Ermordeten durch Erinnerung dem Vergessen zu entreißen.

Hermine Jursa starb im Februar 2000 an Krebs. 2002 wurde im dritten Wiener Gemeindebezirk eine Gasse nach ihr benannt.


„Also, ich bin ja nicht dagesessen und habe nur studiert, was die Vergangenheit war. Sondern ich habe keine Zeit gehabt nachzudenken, gell. Weil – ich war gefordert. Ich war absolut gefordert, ja. Und der Kampf ist weitergegangen. Wie wir dann – so viel Ablehnung erlebt haben, wie wir zurückgekommen sind. Ah, was wir da erlebt haben an verdrehten Gehirnen! Was der Faschismus alles angerichtet hat. Das war schon eine große Enttäuschung für uns “



„ Die Vergangenheit holt uns wieder ein, mehr oder weniger. Ja. So ist das. Und ich, ich und viele andere finden es auch sehr gut, dass das geschieht, (…) dass das jetzt wirklich ans Tageslicht kommt, dass darüber gesprochen wird. Ich glaube, das ist – für die Geschichte Österreichs auch notwendig. Es sind Frauen, es sind hier Frauen gewesen, die aus sich heraus – was gemacht haben, wo sie niemand angetrieben hat. (…) Weil jede hat ihren Kopf eingesetzt. “


Politischer Neubeginn


Der österreichische kommunistische Widerstand verlor über 2000 Menschen durch die nationalsozialistische Verfolgung. Die meisten der GenossInnen aus der illegalen Widerstandsgruppe, in der Hermine Jursa aktiv war, hatten überlebt und wandten sich nach 1945 verschiedensten politischen Tätigkeiten zu. Für Hermine Jursa trat die Freundschaft mit jenen Frauen in den Vordergrund, die sie im Konzentrationslager Ravensbrück kennengelernt und mit denen sie dort gemeinsam Widerstand geleistet hatte. Vor allem für die Kommunistin Melanie Ernst, einer der Organisatorinnen des Lager-Widerstandes, hegte sie große Bewunderung. Sie kümmerte sich um sie bis zu ihrem Tod. Melanie Ernst starb 1949 an den Folgen der KZ-Haft.


Hermine Jursa Mitte der 80er Jahre bei ihrem ersten Interview mit Karin Berger und Elisabeth Holzinger für das Buch „Der Himmel ist blau, kann sein“
(Foto: Karin Berger).