Katharina Thaller
„Ich brauch meine Nacht zum Schlafen – nicht für’n BDM “
Katharina Thaller wurde 1921 in Wutschein/Kreis Klagenfurt geboren. Der Vater war als Invalide aus dem Krieg zurückgekehrt und fand keine Arbeit mehr, die Mutter musste sechs Kinder versorgen. Katharina Thaller erkrankte mit zwei Jahren an Kinderlähmung und hat seither eine kraftlose linke Hand. Nach der Pflichtschule lernte sie ein Jahr Näherei und führte danach den elterlichen Haushalt. Mit 16 Jahren trat sie aus der katholischen Kirche aus und interessierte sich wie ihre Eltern und zwei ihrer Geschwister für die Zeugen Jehovas, während der Rest der Familie katholisch blieb. Mit dem Einmarsch der Nationalsozialisten begannen einige Nachbarn, Druck auf die Familie auszuüben und sie zu denunzieren. Der Vater gab den jüngsten Sohn nicht zur Hitler-Jugend, Katharina Thaller weigerte sich, zum Bund Deutscher Mädchen (BDM) zu gehen. Im April 1943 wurde sie als Zeugin Jehovas getauft. Im Mai 1943 wurden sie und ihr Vater schließlich von der Gestapo verhaftet. Nach zehn Tagen Gefängnis wurde Katharina Thaller ins Konzentrationslager Ravensbrück deportiert.
„ Im Dorf waren nur fünf Häuser, jeder hat jeden gekannt, und da war eine Baronin, eine Deutsche, und die war nämlich hitlerisch. Und oft hat sie versucht, mich mit einem Dienstmädchen wohin zu schicken, und das Dienstmädchen hätt’ sollen mich überreden: „Geh auch zum BDM, geh auch zum BDM!“ Und ich hab g’sagt: „Na, ich brauch meine Nacht zum Schlafen und nicht für’n BDM! “
„ Es war Friede durch die Bank, aber der Hitler, der hat alles umg’schmissen. Der Nachbar is’ kommen, in der Früh hat er schon a Hakenkreuz an der Wand g’habt. Wir hab’n nur g’staunt, war’n früher so Sozialisten und auf einmal is’ des Hakenkreuz auf der Wand. (…) Man hat sich einfach nicht ausgekannt. Es war so, als wenn der Teufel glei in alle Leut eineg’fahren war, dass a jeda glei gedacht hat, er muss Heil Hitler schreien, damit er zu leben hat. Wir habn’s nicht getan, hab’n auch gelebt. “
„ No und dann, ich hab grad den Vater sein Rock ausgebürstet, und der Gestapo fragt: „G’hörst du auch zum Bibelforscherquatsch?“ und ich sag: „Jo, ich glaub an Jehovagott“. Und dann sagt er zu mir: „Zieh dich um und gehst mit! “
Die Zeugen Jehovas im Nationalsozialismus
Die Mitglieder der Internationalen Bibelforschervereinigung (seit 1931 Zeugen Jehovas) glauben, dass ChristInnen der weltlichen Obrigkeit nur insoweit Gehorsam schulden, sofern dieser nicht dem Gesetz Gottes und ihrem biblisch geschulten Gewissen widerspricht. Deshalb haben sie insbesonders den Kriegsdienst und die Rüstungsarbeit verweigert. Bereits 1933 wurden sie vom NS-Regime zum „Schutze der Wehrkraft des deutschen Volkes“ verboten. Auch der katholische Austrofaschismus sprach 1935 ein Verbot aus. Die ZeugInnen Jehovas verweigerten den Hitler-Gruß sowie den Dienst in der Hitler-Jugend und anderen nationalsozialistischen Organisationen. Mit Beginn des 2. Weltkrieges wurden ganze Familien wegen „staatsfeindlichen Verhaltens“ in Konzentrationslager verschleppt.