Rosa Winter
„Für was bin ich herausgekommen?“

Im April 1945 gelang Rosa Winter bei einem Marsch von Barth, einem Außenlager des KZ Ravensbrück, zum Lager Schwarzenforst mit sieben Frauen und zwei Männern – darunter ihrem späteren Lebensgefährten – die Flucht. Zu Fuß kehrte sie nach Linz zurück. Sie suchte über ein Jahr nach ihrer Familie, doch außer einem Onkel hatte niemand überlebt. Der Vater war im KZ Buchenwald vergast worden, die Mutter und die Geschwister starben in den Gaskammern von Auschwitz, eine Schwester und eine Tante waren im KZ Bergen-Belsen verhungert. Mit ihrem Lebensgefährten wohnte sie nun in einem Wohnwagen auf zugewiesenen Stellplätzen in Linz und arbeitete als Obsthändlerin. 1946 wurde ihre Tochter geboren, 1948 ihr Sohn. Ab 1966 lebte die Familie eine zeitlang in Wien, danach in Oberösterreich in einer Wohnung. Rosa Winter und ihr Lebensgefährte litten noch lange an den körperlichen und seelischen Folgen der KZ-Haft. Er starb 1985 an Leukämie. Rosa Winter lebte lange Zeit von der Sozialhilfe. Sie bekam keine Rente, weil ihr bis 1991 die österreichische Staatsbürgerschaft verwehrt wurde. Danach erst bekam sie eine Opferrente zugesprochen.

2004 schrieb sie gemeinsam mit ihrer Tochter Gitta und ihrer Enkelin Nicole das Buch „Uns hat es nicht geben sollen“. Im Dezember 2004 wurde ihr das Goldene Verdienstzeichen des Landes Oberösterreich verliehen. Rosa Winter starb am 16. Mai 2005.


„Ja, warum, für was bin ich herausgekommen? Für was? Für was denn ich, wo die anderen alle gestorben sind? Das war eine riesige Verwandtschaft. Mein Vater hat einen Haufen Geschwister gehabt, meine Mutter hat einen Haufen Geschwister gehabt und die haben alle Kinder gehabt. Und kein Mensch ist herausgekommen … Denk ich, für was denn ich? Hätte sollen müssen auch sterben im KZ. Dann hätt ich mir das alles erspart heraußen. Alles. Wenn Sie alleine dastehen und Sie haben niemanden, mit dem Sie sich ausreden können. “

„ Wir haben nie in die Wohnung gewollt. Ich war das ja sowieso nicht gewohnt. Wir hätten eine Wohnung gekriegt. Aber ich habe gesagt: „Ich zieh da nicht ein.“ Und mein Mann hat gesagt: „Ich zieh da auch nicht ein.“ Er hat gesagt, da bin ich ja eingesperrt. “



„ Da war ich jung und bin in der Weltgeschichte herumgefahren ohne Paß, ohne alles. Und jetzt hab ich den Reisepaß und komme nirgends hin, wie nur da in dem Loch da drinnen, wo ich bin. Den können sie sich auch wieder mitnehmen, den Reisepaß. Ist ja wahr. “


Sinti in Österreich nach 1945


Nach 1945 knüpften die Vorurteile gegen Sinti kontinuierlich an den Nationalsozialismus und die Zeit davor an. Vielfach wurde die Verfolgung der Sinti und Roma als „notwendige kriminalpolizeiliche Vorbeugemaßnahme“ im nachhinein gerechtfertigt. Die „Zigeunerlager“ Maxglan und Lackenbach wurden nicht als Konzentrationslager anerkannt. Viele Sinti und Roma waren zudem staatenlos und hatten deshalb keinen Anspruch auf Entschädigungszahlungen. Die Regierung führte die Politik der Sesshaftmachung weiter, verhängte häufig Gewerbestrafen und begrenzte die Möglichkeiten, im Wohnwagen zu leben, auf wenige Stellplätze. Erst 1993 kam es zu einer vollständigen Anerkennung der Sinti und Roma als Opfer des Nationalsozialismus.